Mit Mut zukunftsweisende Lösungen gestalten
Auf dem ZVEI Jahreskongress ging es zwei Tage lang in spannenden Vorträgen und Diskussionen um die Chancen von Elektrifizierung, Digitalisierung, KI und Zukunftstechnologien. Auch Wöhner CEO Philipp Steinberger diskutierte im Rahmen eines Podium darüber wie Manufacturing-X, DC-Technologie und KI, die Energiewende voran treiben können. Im Anschluss an die Podiumsdiskussion vertiefte Philipp Steinberger die Gedanken und Ideen in einem Interview mit dem ZVEI.
ZVEI: Elektrifizierung, Digitalisierung und nachhaltige Produktion sind die drei großen Megatrends, die uns die kommenden Jahrzehnte beschäftigen werden. Hierzu haben wir auf dem Kongress schon einige interessante Beträge gehört. Wie kann es – Ihrer Meinung nach – gelingen, diese Trends angesichts der großen Herausforderungen zu einem erfolgreichen Dreiklang zu machen?
Philipp Steinberger: Indem wir sie als Chance begreifen. Die Elektrifizierung und Digitalisierung geben uns großartige Möglichkeiten an die Hand, den Output der Industrie zu steigern. Elektrifizierung ist dabei der Schlüssel zur Dekarbonisierung. Und Digitalisierung dessen Optimierung. Durch digitale Anwendungen können wir bei Wöhner jeden Tag Informationen in allen unseren Produktionsschritten erfassen, auswerten und Verbesserungspotenziale identifizieren. Damit schaffen wir wichtige Voraussetzungen für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.
Eine nachhaltige Produktion sichert diesen Erfolg auf lange Sicht – davon sind wir überzeugt. Konkret geht es für uns um die Fragen, in welchen Produktions- und Lagerprozessen Material eingespart, Energie effizienter eingesetzt und die Lebensdauer unserer Produkte weiter erhöht werden kann. Darüber hinaus sind auch unsere Produkte Treiber einer nachhaltigen Wirtschaft, denn sie steigern in der Anwendung bei unseren Kunden die Energieeffizienz.
Hierfür braucht es aber tiefgreifende Veränderungsprozesse – und damit unternehmerisches Durchhaltevermögen, denn nicht immer funktioniert alles auf Anhieb. Sicher ist aber: Nur durch Elektrifizierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit werden wir den steigenden Ansprüchen unserer Kunden und Stakeholdern langfristig gerecht und können uns im globalen Wettbewerb behaupten.
ZVEI: Sie sind ein mittelständisches Familienunternehmen, das sich als führender Lösungsanbieter im Bereich Sammelschienentechnik etabliert hat. Welche konkreten Projekte streben Sie in den nächsten Jahren an, um diesen Führungsanspruch zu festigen?
Philipp Steinberger: Grundsätzlich wollen wir mit unseren Produkten zum Gelingen der Energiewende beitragen. Energieeffizienz und die Potenziale der Schalttechnik im Bereich der erneuerbaren Energien sind dafür zentral. Eine sichere und emissionsarme Energieversorgung ist Voraussetzung für eine dauerhaft erfolgreiche deutsche Wirtschaft. Zu diesem Thema konnten wir uns auf der Hannover Messe mit Bundeskanzler Olaf Scholz austauschen.
Außerdem setzen wir ambitionierte Standards bei unserer eigenen Nachhaltigkeitsbilanz. Wöhner hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2029 klimapositiv zu werden. Um diese Vorgabe zu erreichen, optimieren wir kontinuierlich unseren Energiebedarf mit einer umfassenden Verbrauchsanalyse.
Auch unsere Produktion richten wir an nachhaltigen Maßstäben aus. Neue, effiziente Maschinen reduzieren den Energiebedarf im Bereich der Kunststofftechnik um bis zu zehn Prozent. Durch Simulation und Berechnung können wir in der Produktgestaltung viel Material einsparen und den Anteil biobasierter Kunststoffe kontinuierlich erhöhen, um knappe Ressourcen zu schonen.
ZVEI: Auf dem Jahreskongress des ZVEI haben wir Expertenvorträge zu verschiedenen Leading Edge-Themen gehört. Wo verorten Sie Ihr Unternehmen bzw. welchen Beitrag zum Trendthema Manufacturing-X kann ihr Unternehmen beisteuern?
Philipp Steinberger: Manufacturing-X ist ein wichtiger Baustein für eine datenbasierte Wirtschaft. Dabei kommt es auf offene Standards für Datenmodelle und Plattformen für den vertrauensvollen Datenaustausch zwischen Unternehmen an. Wie digitale Daten intelligent verknüpft werden können, haben wir mit der Erarbeitung eines digitalen Typenschilds gelernt und gezeigt.
Ein weiteres Leading Edge-Thema bei Wöhner ist die DC-Technologie. Es steckt sehr viel Potenzial in der Nutzung von Gleichstrom. Er kann die Effizienz und Kapazität unseres Stromnetzes massiv erhöhen – und damit die Energiewende vorantreiben. Auch dazu braucht es eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Unternehmen, Politik und Wissenschaft. Wir sehen hier insgesamt eine steigende Nachfrage auf einem internationalen Wachstumsmarkt. Die Relevanz der direkten Einspeisung erneuerbarer Energien und auch der Reduzierung von Umwandlungsverlusten ist enorm. Beides steht im Einklang mit unserem Einsatz für die Energiewende. So sorgen wir dafür, dass unsere Produkte mehr Effizienz erlauben und gleichzeitig Platz sparen.
ZVEI: Um die ambitionierten Klimaziele und den Umbau zur klimaneutralen Industriegesellschaft zu erreichen, bedarf es frischer Ideen. Das ist auf dem Kongress bereits durchgeklungen. Wie kann Ihrer Meinung nach in Deutschland, dem Land der Erfindungen, eine Innovationskultur geschaffen werden?
Philipp Steinberger: Innovation ist Teil unserer Unternehmens-DNA. Das gilt bei Wöhner seit unserer Gründung vor fast 100 Jahren. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, sind wir jeden Tag aufs Neue gefordert, uns anzustrengen und einen engen und offenen Austausch mit unseren Kunden zu betreiben. Das Ziel ist nichts Geringeres als ein Perspektivwechsel: Wir müssen mit den verfügbaren Mitteln und unserem Wissen die jeweils spezifische Ausgangslage unseres Kunden verstehen. Das ist die Voraussetzung für die passenden maßgeschneiderten Lösungen und fortlaufende Innovationen. Das gilt auch für unsere eigene Herangehensweise. Wir müssen das jeweilige Produkt aus der Nutzerperspektive „denken“ und dabei dessen Bedürfnisse antizipieren. Nur wenn wir verstehen, was unsere Kunden brauchen – gerade auch in anstrengenden Zeiten – können wir noch bessere Lösungen entwickeln. Das hat den bemerkenswerten Effekt, dass sich vermeintliche Einschränkungen in eine produktive Kraft umwandeln lassen.
Innovationen erfordern Mut. Und die Freiheit, etwas auszuprobieren. Neue Ideen verdienen Wertschätzung – auch dann, wenn sie einmal nicht erfolgreich sein sollten. Und es braucht auch eine berechenbare Politik: Klare regulatorische Rahmenbedingungen und eine starke Forschungslandschaft sind die Bedingung dafür, dass auch außerhalb der Unternehmen ein positives Klima für eine zukunftsweisende Innovationskultur entsteht.
ZVEI: Wir sind gespannt auf Ihre Eindrücke. Der Jahreskongress hat nun zum zwölften Mal stattgefunden und wir hatten hochkarätige Vorträge. Wie wars? Was ist Ihr Eindruck?
Philipp Steinberger: Ich habe die letzten zwei Tage wichtige neue Impulse sammeln können und habe mich sehr gefreut, dabei zu sein! Der hohe Zulauf aus Industrie, Politik und Wissenschaft bei dieser Veranstaltung zeigt, wie relevant die Debatte zur Innovationspolitik und der digitalen Transformation ist. Und auch hier gilt wieder: Nur durch den interdisziplinären Dialog und Austausch in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft können geeignete Lösungen für die Herausforderungen der Branche gefunden werden. Dieser Kongress ist ein gutes Beispiel dafür.
Wir müssen das Gespräch mit diesen Akteuren auch darüber hinaus fortführen. Je dringender die wirtschaftliche und dynamischer die politische Lage, desto unerlässlicher der Austausch. Das gilt für Deutschland, aber genauso für die europäische Ebene: Das europäische Projekt muss vorangetrieben werden, denn es gibt keine Alternative zum europäischen Rahmen für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.
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